Gemeinderats-Mehrheit will keinen Klimaschutzmanager

Stadt-Haushalt: Emotionale Diskussionsbeiträge

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Die Stadt Rottweil wird keinen Klimaschutzmanager einstellen. Dies beschloss der Gemeinderat im Rahmen der Haushaltsberatungen mit Mehrheit. Die Erhöhung der Gewerbesteuer hat weiter Bestand, der Hebesatz für die Grundsteuer bleibt unverändert.

Rottweil – Es war eine längere, teils mit Engagement geführte Diskussion. Die FDP hatte beantragt, das laufende Auswahlverfahren für die Besetzung der Stelle eines Klimaschutzmanagers zu stoppen. Und die Stelle ganz aus dem Haushalt für dieses und die kommenden Jahre zu streichen.

Die Lage bisher

Es begann schon im Herbst 2022, noch vor seinem Amtsantritt, berichtete Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf. Da hat der Rat mehrheitlich beschlossen, sich an einem Förderprogramm des Bundes für diese Stelle zu bewerben. Es war auch zu verlockend: Für zwei Jahre sollten 70 Prozent der Kosten vom Bund übernommen werden. Daher beschloss der Gemeinderat im November 22, die Stelle auszuschreiben. Gesucht werde daher ein (m/w/d) „Architekt, Bauingenieur, Stadtplaner oder vergleichbares“. Aber erst, wenn die Zusage vom Bund da sei, die Kosten zu übernehmen.

Diese Zusage, so berichtete Ruf, sei erst im Herbst 2024 gekommen. Und nun sei die Stelle auch wirklich ausgeschrieben worden. Drei Bewerbungen seien eingegangen – zwei davon seien nicht qualifiziert gewesen. Und ein Bewerber sei zum Gespräch eingeladen worden, habe dann aber nichts mehr von sich hören lassen, wie Fachbereichsleiter Erik Fiss berichtete.

Diskussion am Mittwoch

Bei dieser Sachlage und unter Berücksichtigung der finanziellen Situation der Stadt beantragte die FDP-Fraktion jetzt, die Stelle zu streichen. Er habe „große Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Stelle“, begründete Harald Sailer den Antrag. Die Erstellung eines Klimaschutzkonzepts, Grundvoraussetzung für die Förderung der Stelle, werde „zu keinen wesentlichen Erkenntnissen hinsichtlich potenzieller Klimaschutzmaßnahmen“ führen. Im Gegenteil würden dadurch Personal-Kapazitäten gebunden, die an anderer Stelle dringend benötigt würden.

Dr. Peter Schellenberg (FWV) bedankte sich bei der FDP für den Antrag. Die Haushaltssituation sei „dramatisch, … wir müssen Steuern und Gebühren erhöhen“, und im Frühjahr müsse die Haushaltsstrukturkommission Lösungen finden. Da seien die ersten 100.000 Euro, wenn auch nicht im ersten Jahr, schon gefunden. Auch Monika Hugger (CDU) schloss sich dem FDP-Antrag an.

Gegenantrag

Anderer Ansicht waren die (aus OB-Sicht im Saal) linken Fraktionen: Dr. Jürgen Mehl (SPD+FFR) fand, es sei ein Fehler, auf den Klimaschutzmanager zu verzichten. Dadurch würde die Glaubwürdigkeit in Frage gestellt. Und Ingeborg Gekle-Maier, deren grüne Fraktion die Diskussion 2022 erst angeregt hatte, führte in einem emotionalen Beitrag aus, ohne die Stelle sei die Klimaneutralität der Stadt bis 2040 oder, wie von Ruf noch als Bewerber gefordert, bis 2035 nicht möglich. Die enge Stellenbeschreibung habe ein größeres Bewerberfeld abgeschreckt. Sie beantragte daher, in der Ausschreibung die Anforderung Architekt, Bauingenieur oder Ähnliches zu streichen.

OB Ruf, dem die Sache offensichtlich ein Herzensanliegen war, reagierte recht emotional: „Wir haben einige Stunden für die Tonne gearbeitet – der Motivation ist das nicht zuträglich“, sagte er. Die Arbeit des Klimaschützers könne von der Verwaltung nicht „abgefedert“ werden. Er ließ zunächst nicht abstimmen, „um nicht Schärfe in die Diskussion zu bringen.“

Die Abstimmung erfolgte dann am Ende der Haushaltsberatungen. Der weitergehende Antrag der Grünen erhielt elf Stimmen – die Fraktionen der Grünen und SPD+FFR stimmten, bei Abwesenheit einer Rätin, geschlossen dafür, ebenso OB Ruf. Dagegen waren die Fraktionen der CDU, Freien Wähler und FDP sowie AfD-Frau Margrit Pfriender, insgesamt 15. Der Antrag der FDP auf Streichung der Stelle fand die Zustimmung ebendieser 15 Rätinnen und Räte bei wiederum elf Gegenstimmen.

Grund- und Gewerbsteuer

Wie bei der Vorberatung eine Woche zuvor gab es bei den von der Verwaltung beantragten Steuererhöhungen knappe Ergebnisse. Für die Erhöhung der Grundsteuer um zehn Prozentpunkte stimmten elf Rätinnen und Räte (SPD+FFR sowie Grüne) und OB Ruf, dagegen 15, also wieder abgelehnt. Bei der Abstimmung über die Erhöhung der Gewerbesteuer um zehn Prozentpunkte ein anderes Bild: Dieses Mal stimmte die vierköpfige Fraktion der Freien Wähler für die Erhöhung, zusammen mit SPD+FFR, Grünen und OB Ruf, CDU, FDP und AfD dagegen. Der Hebesatz der Gewerbesteuer erhöht sich daher von 380 auf 390 v.H., was der Stadt 560.000 Euro im Jahr bringen soll. Der Hebesatz der Grundsteuer bleibt bei 440 v.H.

Lichtblicke im Haushalt

Ein paar Änderungen gegenüber dem Entwurf des Haushaltsplans gab OB Ruf bekannt. So erhält die Stadt laut einem Bescheid des Landes vom Januar knapp 300.000 Euro mehr Anteil an der Einkommensteuer aus 2024 (bei insgesamt über 18 Millionen) und muss fast 200.000 Euro weniger Gewerbesteuer-Umlage zahlen. Gut für das laufende Jahr, aber im kommenden Jahr müsste die Stadt dann mehr Umlagen zahlen. Außerdem wurden 700.000 Euro für den Turner-Anbau an die geplante neue Sporthalle mit einem Sperrvermerk versehen. Die Gesamtkosten des Baus belaufen sich inzwischen laut Haushaltsplan auf über zehn Millionen Euro. Immerhin 170.000 Euro konnte die Stadt bei der Sanierung der Fritz-Osterbuurg-Straße einsparen, so jedenfalls die Ergebnisse der Ausschreibung – die Gesamtkosten sind nun unter einer Million Euro.




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Wolf-Dieter Bojus

... war 2004 Mitbegründer der NRWZ und deren erster Redakteur. Mehr über ihn auf unserer Autoren-Seite.

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